Osteoporose - der Knochenschwund beginnt früher, als Sie denken
Shownotes
Prof. Dr. med. Christian Woiciechowsky Privatpraxis für Neurochirurgie, Rücken- & Sportmedizin und Schmerztherapie Tauentzienstr. 7B/C 10789 Berlin Tel.: 030 26396480 oder 030 89048503 FAX: 030 263964811 WhatsApp: https://wa.me/message/5XRR2QVMDOZ2J1 email: prof@woiciechowsky.de www.neurochirurgie-berlin.org www.kreuzschmerzen.org https://www.youtube.com/c/SpineExpert https://x.com/SpineBerlin https://www.facebook.com/Rueckenzentrum.Berlin https://www.instagram.com/spineexpert
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Osteoporose – die stille Gefahr für unsere Knochen“
Heute geht es um eine Volkskrankheit, die lange Zeit völlig unbemerkt bleibt – bis es zu spät ist: die Osteoporose.
Wir sprechen darüber, was im Knochenstoffwechsel passiert, warum das Frakturrisiko das eigentliche Problem ist und was man tun kann, um die Stabilität des Skeletts zu erhalten.
Aber Was ist Osteoporose eigentlich?
Osteoporose bedeutet übersetzt „poröser Knochen“.
Der Knochen verliert an Dichte und Struktur und damit auch an Festigkeit und wird hohl, weil die Trabelstruktur, das innere Knochengerüst sich langsam auflöst. Und warum passiert das? Es passiert, weil das Gleichgewicht zwischen Knochenaufbau und Knochenabbau gestört ist.
Normalerweise bauen sogenannte Osteoblasten Knochen auf, während die Osteoklasten alten Knochen abbauen. Es erfolgt also ein ständiger Knochenumbau
Mit zunehmendem Alter – insbesondere nach der Menopause –bei Frauen oder infolge von Inaktivität überwiegt der Abbau.
Das Resultat: Der Knochen sieht unter dem Mikroskop nicht mehr so dicht und stabil aus, sondern löchrig wie ein Schwamm.
Diese Veränderungen spürt man zunächst nicht. Schmerzen treten meist erst dann auf, wenn bereits eine Fraktur vorliegt.
Um das Problem besser zu verstehen Stell dir den Knochen wie ein großes Wohnhaus vor — aber nicht irgendeins, sondern eines, das niemals fertig gebaut wird.
Es gibt dort zwei Handwerkerteams, die Tag und Nacht arbeiten:
👷♂️ Team 1: Die Abrissprofis – die Osteoklasten
Das sind die Arbeiter, die alte, brüchige oder beschädigte Wände abtragen.
Sie reißen kleine Abschnitte der Knochenstruktur ab, um Platz für Neues zu schaffen.
Das ist wichtig, denn kein Haus hält ewig ohne regelmäßige Wartung.
🧱 Team 2: Die Maurer – die Osteoblasten
Sie kommen hinterher und bauen neue, stabile Wände an genau den Stellen, wo etwas abgetragen wurde.
Sie füllen die Lücken mit frischem Baumaterial: Mineralien, Kollagen, Kalzium.
🔄 So entsteht ein kontinuierlicher Zyklus
Abtragen – Aufbauen – Stärken.
🧓 Was passiert bei Osteoporose?
Bei Osteoporose gerät dieses fein abgestimmte System aus dem Gleichgewicht.
👉 Die Abrissprofis (Osteoklasten) arbeiten zu schnell oder zu viel.
👉 Die Maurer (Osteoblasten) kommen nicht mehr hinterher, arbeiten langsamer. Die Hormone und Vitamine insbesondere Vitamin D3 als Baubeschleuniger fehlen oder die Maurer haben zu wenig Baustoffe wir Kalzium .
Was passiert? Das Haus verliert nicht „von heute auf morgen“ eine Wand, aber es wird Stück für Stück dünner, poröser und weniger stabil. Aus dicken tragenden Wänden werden dünne Pappwände.
Von außen sieht alles oft noch völlig normal aus — aber innen fehlt die Stabilität, die Festigkeit.
Die größte Gefahr bei Osteoporose sind KnochenBrüche nach Bagatelltraumen – also Frakturen, die bei gesunden, stabilen Knochen nicht auftreten würden.
Typisch sind:
Wirbelkörperfrakturen, oft ohne klares Unfallereignis – der Rücken „sackt“ einfach etwas zusammen, z.B. wenn man sich auf einen Stuhl fallen läßt oder ausrutscht und auf das Gesäß fällt.
Oberschenkelhalsfrakturen, die bei älteren Menschen oft einen Wendepunkt im Leben darstellen, weil sie zu Immobilität und Pflegebedürftigkeit führen können.
Radiusfrakturen, dh Unterarmfrakturen beim Sturz auf die Hand, meist das erste Warnsignal.
Das Risiko, eine osteoporotische Fraktur zu erleiden, ist hoch:
Etwa jede dritte Frau und jeder fünfte Mann über 50 erleidet im Laufe des Lebens eine solche osteoporosebedingte Fraktur.
Warum Frakturen so gefährlich sind
Eine Fraktur bedeutet nicht nur einen Knochenbruch – sie bedeutet oft den Verlust von Selbstständigkeit.
Nach einer Hüftfraktur versterben etwa 20–25 % der Patienten innerhalb des ersten Jahres, häufig nicht an der Fraktur selbst, sondern an den Folgen der Immobilität.
Und auch Wirbelkörperfrakturen können dramatisch sein:
Sie führen zu Kyphosierung, also zur „Rundrückenbildung“, aber oft auch zur eingeschränkter Atmung. Da jedes tiefe Einatmen Schmerzen bereitet, ist die Atmung flach. Dadurch werden die unteren Lungenpartienten nicht richtig belüftet, was das Risiko für eine Lungenentzündung erhöht, vor allem, wenn die Patienten infolge der Schmerzen auch noch mmobil sind und mehr im Bett liegen. Das Risiko einer Lungenentzündung nach einem Wirbelkörperbruch ist ca. 4fach höher als bei Personen ohne Fraktur
Osteoporose ist daher keine „banale Alterserscheinung“, sondern eine ernsthafte systemische Erkrankung, die das gesamte Leben verändern kann.
Die Diagnose erfolgt über die Knochendichtemessung (DXA-Messung).
Ein so genanter T-Wert von -2,5 oder niedriger definiert eine manifeste Osteoporose. T-Wert von -2,5 bedeutet die Knochendichte liegt so stark unter dem Durchschnitt eines jungen Erwachsenen, dass nur etwa 1 Prozent der Menschen so niedrige Werte haben, dh. 99% sind besser und wer möchte schon zu dem unterstem 1 Prozent gehören.
Wir wollen noch einbißchen tiefer in die Problematik von Wirbelkörperfrakturen eindringen
Wirbelkörperfrakturen sind die häufigsten osteoporotischen Frakturen .
Typisch ist, dass die Patientin oder der Patient über plötzlich auftretende Rückenschmerzen klagt, häufig nach einer banalen Bewegung: ein Husten, ein Stolpern oder das ruckartige Heben einer etwas schweren Einkaufstasche.
Etwa 2/3 der osteoporotischen Frakturen bleiben unerkannt, weil die Beschwerden milde sind und Patienten nicht zum Arzt gehen oder der Arzt die Beschwerden für nicht so schlimm hält und keine Diagnostik einleitet
Im Röntgenbild zeigt sich eine eingedrückte Deckplatte oder schlimmer ein keilförmig deformierter Wirbelkörper, meist im Bereich der Brust- oder Lendenwirbelsäule.
Häufig wird zu weiteren Abklärung noch ein MRT und ein CT durchgeführt. Im MRT will man ua abklären, ob der Wirbelkanal eingeengt ist bzw. ein Knochnmarködem vorliegt. Im CT kann man besser die Knochenstruktur beurteilen ob des sich z.b. um einen kompletten oder inkomplette Berstungsbruch handelt, es gibt auch Stabilitäts und Instabilitätskriterien
Die Behandlung hängt stark von der Schmerzintensität, der Stabilität des Wirbelkörpers und der Anzahl der Frakturen ab.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen konservativer und operativer Therapie.
🩺 1. Konservative Therapie (in den meisten Fällen ausreichend, ca. 60-70% der WK-FX werden erfolgreich konservativ behandelt)
Ziel ist Schmerzlinderung, Mobilitätserhalt und die Vermeidung weiterer Frakturen.
Bausteine:
Stufengerechte Schmerztherapie (z. B. Paracetamol, NSAR, ggf. Opiate kurzfristig).
Ruhigstellung: Kurzzeitige Schonung (1–2 Wochen), ggf. Orthese zur Stabilisierung (z. B. Spinomed®- oder Dreipunktkorsett).
Frühmobilisation: Wichtig zur Vermeidung von Muskelabbau, Pneumonie und Thrombosen.
Physiotherapie: Training der Rückenmuskulatur, Haltungsschulung, Balanceübungen.
Osteoporose-Basistherapie: Vitamin D3 + K2, Magnsium und Kalzium ggf. spezifische Medikamente (z. B. Bisphosphonate, Denosumab, Teriparatid).
💉 2. IOperative Verfahren
Wenn die Schmerzen trotz konservativer Therapie nach 6 Wochen bestehen bleiben oder der Wirbel weiter einbricht, kommen Zementaugmentationsverfahren in Betracht:
wie die Kyphoplastie:
Vorher wird mit einem Ballon der Wirbel leicht aufgerichtet, wie aufgebläht und es wird ein Hohlrum geschaffen in den Zement eingebracht – Ziel ist sowohl Schmerzreduktion als auch Wiederherstellung der Höhe.
Diese Verfahren führen häufig zu schneller Schmerzlinderung, sind aber nicht für alle Patienten geeignet (z. B. bei frischen Frakturen mit Hinterkantenbeteiligung oder neurologischen Symptomen kontraindiziert).
Risiken der Kyphoplastie
Die Kyphoplastie gilt insgesamt als ein sehr sicheres und minimalinvasives Verfahren zur Behandlung osteoporotischer Wirbelkörperfrakturen, dennoch gibt es einige Risiken, die man kennen sollte. Am häufigsten kommt es zu kleineren Zementaustritten, die in der Regel völlig symptomlos bleiben und nur selten eine Nervenwurzel oder ein Gefäß beeinträchtigen. Infektionen, Blutungen oder allergische Reaktionen auf den Knochenzement treten äußerst selten auf. Auch neurologische Komplikationen wie Taubheit oder radikuläre Schmerzen gehören zu den Raritäten. Wichtig zu wissen ist, dass in den Monaten nach dem Eingriff bei etwa fünf bis fünfzehn Prozent der Betroffenen neue Frakturen in benachbarten Wirbeln auftreten können. Der Zement liegt wie ein Stein in dem Wirbelkörper, während z.B. der da drüber liegende papierdünn ist. Deshalb besteht die Vorstellung, dass dieser von dem Stein zerdrück wird . allerdings ist das nicht ganz geklärt. Trotz dieser Risiken zeigen die meisten Patienten eine rasche und deutliche Schmerzreduktion, was die Kyphoplastie zu einem etablierten und sicheren Verfahren in der Osteoporosetherapie macht.
🧠 3. Langfristiges Management
Sturzprävention: Sturztraining, Hüftprotektoren, Anpassung der Wohnumgebung.
Medikamentöse Therapie der Osteoporose zur Vermeidung weiterer Frakturen, dh. Optimierung des Vitamin D3-Spiegels kombiniert mit K2 und Magnesium. Außerdem Medikamente, die den Knochenabbau hemmen und der Knochenaufbau unterstützen, d.h. das Abriß-Team soll geschwächt werden, viele Entlassungen, während die Maurer neue Mitarbeiter bekommen, viele Neueinstellungen.
Regelmäßige Verlaufskontrolle: DXA-Messung alle 2 Jahre, Überprüfung der Medikation, Vitamin D3-Spiegel.
Risikogruppen für Osteoporose
Osteoporose entsteht nicht zufällig – es gibt bestimmte Personengruppen, bei denen das Risiko besonders hoch ist. An erster Stelle stehen Frauen nach den Wechseljahren weil der Östrogenabfall zu einem stark beschleunigten Knochenabbau führt. Auch ältere Männer zählen zur Risikogruppe, vor allem ab etwa 70 Jahren, da der altersbedingte Verlust an Knochenmasse dann deutlich zunimmt. Ein zweiter großer Bereich sind Menschen mit genetischer Veranlagung: Die genetische Komponente trägt etwa zu 60–70 % zur Knochendichte bei, was bedeutet, dass eine familiäre Vorbelastung das Risiko für die Erkrankung erhöhen kann.
Dazu kommen Patientinnen und Patienten mit sekundären Formen der Osteoporose, wie etwa bei langfristiger Einnahme von Glukokortikoiden (Cortison) z.b. bei Asthma, rheumatoider Arthritis, Schilddrüsenüberfunktion oder chronische Niereninsuffizienz
Auch der Lebensstil spielt eine große Rolle: Untergewicht (BMI < 20), Bewegungsmangel, Rauchen, hoher Alkoholkonsum und eine kalzium- und vitaminarme Ernährung fördern die Knochenausdünnung. Patienten mit Sturzrisiko, beispielsweise aufgrund von Gleichgewichtsstörungen oder Muskelschwäche, haben zusätzlich ein höheres Frakturrisiko. Hinzu kommen bestimmte Medikamente wie z.B. sogenannte Protonenpumpeninhibitoren zur Vermeidung von Magengeschwüren oder Antiepileptika, die den Knochenstoffwechsel negativ beeinflussen können.
All diese Faktoren zusammengenommen bestimmen, wie wahrscheinlich eine Person Osteoporose entwickelt – und wie rasch der Knochenabbau voranschreitet.
Wichtig:
Eine bereits aufgetretene Wirbelkörperfraktur ist immer ein Alarmzeichen.
Sie bedeutet: Das Risiko für weitere Frakturen ist in den nächsten Jahren bis zu fünfmal höher – insbesondere für neue Wirbel- oder Hüftfrakturen.
Osteoporose ist also keine harmlose Alterserscheinung – sie ist eine chronische Erkrankung mit potenziell lebensverändernden Folgen.
Es ist wichtig, das individuelle Risiko früh zu erkennen, und moderne Therapien können Frakturen verhindern oder stabilisieren.
Wichtig ist, dass man nicht erst handelt, wenn der Knochen bricht.
Ein einfacher Check der Knochendichte und des Vitaminspiegels ab dem 60. Lebensjahr – oder früher bei Risikofaktoren – kann entscheidend sein.
Mein Schlusswort lautet: Osteoporose ist mehr als nur „Knochenschwund“ – sie ist ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko, das man frühzeitig angehen kann und muss, dazu ist es wichtig, dass sie frühzeitig erkannt wird.
Bleiben Sie in Bewegung, achten Sie auf Ihre Ernährung und sprechen Sie Ihren Arzt an, wenn Sie zu den Risikogruppen gehören.
Denn stabile Knochen bedeuten Lebensqualität.
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